Werkstatttest per Schiedsstelle: nur 91 Beschwerden bei Millionen von Aufträgen
Schiedsstelle der Kfz-Innung: Unzufriedene Werkstattkunden waren äußerst selten
1,66 Millionen Pkw waren 2020 in der Region unterwegs und im Schnitt auch einmal in der Werkstatt. „Unzufriedene Werkstattkunden waren äußerst selten“, freut sich Obermeister Torsten Treiber über die Bilanz der Schiedsstelle, die die Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart anbietet: „91 Beschwerden über die geleistete Arbeit oder die Höhe der Rechnung kamen im letzten Jahr zusammen, so wenige hatten wir noch nie.“ Corona hat da nach Einschätzung der Innung höchstens eine geringe Rolle gespielt: „Die Werkstätten waren ja uneingeschränkt offen.“ Auch für den Autohandel meldet die Innung einen Beschwerdetiefstand, „oder wir sagen lieber, einen Zufriedenheitshöchststand“, sagt Innungsgeschäftsführer Christian Reher: „21 Beschwerden, so wenige unzufriedene Kunden haben sich im Bereich Handel auch noch nie bei uns gemeldet.“ Die Beschwerden insgesamt liegen damit im Vergleich zum Pkw-Bestand bei 0,07 Promille: „Aber jede Einzelne wird ernst genommen“, stellt Obermeister Torsten Treiber klar, denn dafür wurde die Schiedsstelle ja eingerichtet.
„Die Schiedsstelle ist der realste Werkstatttest, den es gibt“, sagt Roger Schäufele, der Stuttgarter Kreisvorsitzende der Innung: „TV-Tester bauen irgendwelche Fehlerchen in Autos ein, wir haben es mit den echten Fehlern zu tun.“ Und bei 303.000 Pkw allein Stuttgart kommt da auch Etliches außerhalb der Routine zusammen: „Das allermeiste finden wir sofort, aber Fehlersuche hat auch schon mal ihre Tücken.“
Fehlersuche ist ein Posten, der sich beispielsweise in einer Rechnung niederschlagen und zur Schiedsstelle führen kann, weil dem Kunden die Rechnung zu hoch ist. „Unsachgemäße Arbeit“ oder „Kein Auftrag erteilt“ sind weitere mögliche Beschwerdegründe. Mit denen befasst sich dann die Schiedskommission. „Diese steht unter der Leitung eines zum Richteramt befähigten Vorsitzenden. Ihr gehören ein Vertreter des ADAC, ein öffentlich bestellter und vereidigter Kfz-Sachverständiger der Deutschen Automobil Treuhand, ein Sachverständiger des TÜV SÜD und nur ein Innungsvertreter an“, zählt Obermeister Torsten Treiber auf: „Das ist kein Innungsgremium. Das Modell wurde inzwischen sogar von der EU für andere Branchen zum Teil kopiert.“ Zum Teil, weil die Kfz-Schiedsstelle sehr kundennah operiert: Der Zuständigkeitsbereich der Schiedsstelle umfasst die Region Stuttgart. Die notwendigen Anträge lassen sich problemlos von der Innungsseite herunterladen (www.kfz-innung-stuttgart.de/schiedsstelle.html).
Voraussetzung dafür, dass die Schiedsstelle bei Bedarf tätig wird, ist allerdings, dass das Auto bei einem Innungsbetrieb gewartet, repariert oder gekauft wird. Der ist am blau-weißen Meisterschild gut erkennbar, „das gut sichtbar am Betrieb vor allem im Eingangsbereich angebracht sein sollte“, sagt Roger Schäufele: „In Stuttgart haben rund 100 Betriebe das Recht, dieses Meisterschild zu tragen, denn das bekommt nicht jeder.“ Ist keines am Betrieb, „lohnt sich auf alle Fälle die Nachfrage, ob der Betrieb zur Innung gehört, bevor es Probleme gibt.“ In der Region sind es insgesamt rund 700 Betriebe, die diese Form des Verbraucherschutzes anbieten.
In den meisten Fällen können strittige Punkte im Vorfeld auf dem Gesprächsweg ausgeräumt werden, ohne dass es einer Entscheidung bedarf. 56 Streitigkeiten wurden so regionsweit beigelegt. In sechs Fällen kam es zu einem Vergleich, vier wurden am Ende durch die Schiedskommission entschieden, zwei zugunsten der Kunden, zwei zugunsten der Werkstatt. Bleiben noch 25 Fälle, die in diesem Jahr noch erledigt werden müssen.
Allerdings gibt es auch weitere 16 Fälle, da konnte die Innung beziehungsweise die Schiedsstelle die Beschwerdeführenden nur auf den Rechtsweg verweisen: „Da haben sich Kunden einen Betrieb ausgesucht, der nicht in der Innung ist und in diesen Fällen hilft nur der Gang zum Rechtsanwalt, der aber im Gegensatz zum Verfahren der Schiedsstelle mit Kosten verbunden ist“, sagt Christian Reher. Der Gang vors Gericht wäre übrigens auch nach dem Schiedsverfahren noch möglich, wenn ein Kunde mit der Entscheidung unzufrieden wäre: „Das kommt aber fast nie vor“.
Der Gang vor die Schiedsstelle ist aber nicht nur wegen Werkstattarbeit, sondern auch nach dem Kauf eines Autos möglich. 21 Beschwerden, die Innungsmitglieder betrafen, gingen ein, alle wurden in Gesprächen ohne Kommissionsentscheid gütlich geregelt. 17 betrafen technische Mängel, die erst nach dem Kauf zutage traten, eine Meldung einen Unfallschaden, drei hatten andere Gründe. Beschwerden wären auch wegen eines manipulierten Tachos möglich. Torsten Treiber: „Das Thema tauchte aber zuletzt 2018 mit drei Fällen auf, obwohl ja laut ADAC angeblich jeder dritte Gebrauchtwagen manipuliert sein soll. 2019 und 2020 gab es dazu keine Beschwerden. Für Innungsbetriebe ist das kein Thema, die sind heutzutage eher beteiligt, wenn es gilt, solche Manipulationen aufzudecken.“