Wenn der Kaiser aufs Pferd setzt, hilft das nicht weiter
Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart sieht nur Technologieoffenheit als zukunftsfähig an
„Hier `ne Studie, da `ne Studie und alle passen genau zu den Zielen, die jeweils mobilitätspolitisch vertreten werden, das kann kein Zufall sein“, so fasst Obermeister Torsten Treiber von der Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart den Teil der wissenschaftlichen Debatte rund um die individuelle Mobilität zusammen, der „eher für Verwirrung, denn für gute Entscheidungen sorgt.“ Das Problem sei, „dass sich viele als Kaiser fühlen, der genau weiß, was kommt“, erinnert er an ein Zitat, das Kaiser Wilhelm II. zugeschrieben wird, der das Auto als vorübergehende Erscheinung einschätzte. Der technische Fortschritt sei aber nicht vorhersagbar: „Wenn der Kaiser aufs Pferd setzt, hilft das nicht weiter. Wenn der Kaiser technologieoffen ist, dann schon.“ Es komme darauf an, die richtigen Fragen zu stellen. Beispielsweise: „Wie bekommen wir rund 4,9 Millionen Tonnen CO2 aus der Luft, die allein durch den Straßenverkehr in der Region Stuttgart verursacht werden?“ Treiber: „Dann können die einen darauf setzen, Pkw, Lkw und Motorräder zu verbieten, die anderen darauf, e-angetriebene Fahrzeuge zu forcieren und die Dritten darauf, dass die technische Entwicklung klimaneutrale Treibstoffe oder anderweitige Überraschungen bringt.“
Fakt ist, dass auch diese Aussagen auf einer Studie basieren. Aber auf einer, die laut ihrer Autoren ergebnisoffen angelegt ist. „Es gibt nur wenige neutrale, für jedermann verständliche und zusammenfassende Ausführungen zu dem Themenkomplex – und wenn, dann ohne volkswirtschaftliche Kosten-Nutzenabschätzung“, sagen Jochen Lauer und der frühere Mercedes Motorsport-Chef Norbert Haug und haben deshalb eine Metastudie zur Klima-, Energie- und Mobilitätswende erarbeitet. Metastudie heißt, „mit den wichtigsten Fakten einer Auswahl seriöser Studien aus kompetenten Instituten einen sachlichen Überblick zu dem wohl wichtigsten Themenkomplex unserer Zeit zu geben“, sagen die beiden Autoren.
Torsten Treiber und Christian Reher, der Geschäftsführer der Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart, haben die Studie bei der Delegiertenversammlung der Innung präsentieren lassen. Für Christian Reher ist der technologieoffene Ansatz entscheidend: „Nur ideologiefrei und technologieoffen, können wir den Klimawandel bewältigen.“ Die Lösung zur Klimawende heiße demnach „Dem Treibhausgasproblem ist nur durch verfahrenstechnische Maßnahmen zu begegnen.“
Das bedeutet laut den Autoren im kompakten Überblick:
- Der Prozess vor allem von CO2-Ausstoß muss nicht nur reduziert, sondern umgekehrt werden
- „Decarbonisierung“ gilt nur für die Atmosphäre
- Kohlenstoff ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Umgebung und unseres Lebens. Es ist nicht möglich, Kohlenstoff „zu verhindern“, derzeit herrscht sogar CO2-Mangel in Chemie und Nahrungsmittelindustrie. Es müssen parallel zur THG-Börse physische CO2-Kreisläufe aufgebaut werden.
- CO2 aus der Atmosphäre kann von Nutzpflanzen aufgenommen und in Biogasanlagen separiert werden.
- CO2 aus der Atmosphäre kann über Nutzpflanzen (Wald, Moore und Algen) aufgenommen und gebunden werden.
- CO2 aus der Atmosphäre kann über eFuels und biogene Kraftstoffe gebunden werden, weiter sogar langfristig in Kunststoffen und chemischen Produkten.
- Die großen CO2 -Emittenten fossile Kraftwerke (Kohle, Öl, Gas), Stahl- und Metallherstellung und die Zementindustrie müssen über große CCS-Systeme (Carbon Capture Systeme) neutralisiert werden.
Aus den Ergebnissen ergeben sich außerdem noch folgende Schlussfolgerungen, sagen Norbert Haug und Jochen Lauer:
- Der Einsatz alternativer Energieträger in Form von flüssigen Kraftstoffen, wie die Beimischung verfügbarer klimaneutraler biogener Kraftstoffe ist schneller wirksam als die langsame Umstellung auf batterieelektrische Systeme.
- Die CO2-Belastung bei der Batterieherstellung würde bei Einsatz dieser Alternative deutlich verringert.
- Künftige preislich konkurrenzfähige Wasserstoffwirtschaft bedeutet den Import synthetischer Kraftstoffe aus Regionen mit hohem regenerativem Energiepotenzial. Deren hohe Energiedichte würde dann vor allem auch zur saisonalen Energiespeicherung in unseren Regionen benötigt.
- Im Vergleich zur rein batterieelektrischen-, oder reinen Wasserstoff-Strategie fielen signifikant geringere Kosten für die erforderliche Infrastruktur an.
- Die vorgestellte Metastudie beweist ganz faktisch, daß die Energiewende entscheidend für die „klimafreundliche“ Zukunft ist und die Mobilitätswende ohne diese wirkungsvoll vollzogene Energiewende scheitern wird.
- Bereits kurzfristig ist dringend geboten, Maßnahmen zu den bereits herrschenden Folgen des Klimawandels zu treffen. Menschen, Tiere und Natur sind auf die nun häufiger auftretenden Wetterextreme vorzubereiten.
Das bedeutet konkret:
- Wassermanagement gegen Dürre- und Starkregenereignisse mit entsprechender Anpassung von Forst – und Agrarwirtschaft,
- Der Klimawandel ist nicht zu stoppen, ihm muss vielmehr mit wirkungsvollen Maßnahmen begegnet werden, um die zu erwartende Bedingungen bestehen zu können.
- Globale, abgestimmte Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen müssen weiter vorangetrieben werden - greifen werden diese allerdings erst langfristig.