Schrotschuss-Politik gegen Corona fährt die Autohäuser gegen die Wand
Kraftfahrzeuginnung: Automarkt ist komplett chaotisch
März 2019 war für die Kfz-Betriebe in der Region Stuttgart die Welt noch in Ordnung: Über 15.000 Pkw-Neuzulassungen meldeten die Zulassungsstelle damals allein in Stuttgart fürs erste Quartal. Im März 2021 „sorgt die Schrottschuss-Politik gegen Corona für Existenzangst in den Betrieben“, fasst Obermeister Torsten Treiber die aktuelle Lage zusammen: Im ersten Quartal 2021 liegt die Zahl der Stuttgarter Neuzulassungen um fast 4.700 niedriger als im letzten coronafreien Jahr 2019. „Das ist für unsere Mitgliedsbetriebe schon die zweite Welle der Umsatzverluste“, ergänzt Innungsgeschäftsführer Christian Reher: „Denn auch der Lockdown 2020 hat zu einem Rückgang um 5.000 Einheiten bei den Neuzulassungen geführt. Das sind in beiden Jahren jeweils rund 140 Millionen Euro Umsatzverlust, wenn wir eine coronafreie Entwicklung zugrunde legen.“ Schrotschuss-Politik nennt der Obermeister den Auslöser dieser Entwicklung, weil „nicht gezielt Ansteckungsherde durch politische Maßnahmen ausgeschaltet werden, sondern einfach drauflosgeballert wird, in der Hoffnung, dass schon ein Treffer dabei sein wird.“ Sein Beispiel: „Eine gezielte Maßnahme ist eine Ausgangssperre zwischen 21 Uhr und 5 Uhr. Die kann Infektionen im privaten Bereich verhindern, weil sie die Hauptansteckungsquelle private Kontakte stoppt. Autohäuser rund um die Uhr geschlossen zu halten, bringt dagegen sicher nichts, weil da nur wenige Menschen zusammenkommen“, sagt Obermeister Torsten Treiber: „Vor allem viel weniger als beispielsweise bei den Supermärkten.“
Wenn es darum geht, die wirtschaftlichen Folgen zu beurteilen, funktioniert die klassische Methode aktuelle Zahlen und Vorjahreszahlen zu vergleichen in Coronazeiten nicht mehr, wie die Innung feststellt: Ein paar Tage offen, ein paar Tage Click & Meet und die Stuttgarter Pkw-Neuzulassungen „schossen im März mit einem Plus von fast 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr scheinbar durch die Decke“, sagt Obermeister Torsten Treiber. Das Problem: „Die Zahlen haben fast keinen Aussagewert. Vor einem Jahr mussten die Autohäuser am 22. März in den Lockdown gehen, jetzt gab es dagegen ab dem 8. März Lockerungen wegen niedriger Inzidenzwerte. Allerdings nur wenige Tage“, sagt Innungsgeschäftsführer Christian Reher, „dann stiegen die Inzidenz-Werte wieder an und die Showrooms und der Handel mussten wieder schließen.“
Abgesehen davon: „Wir haben in Stuttgart zwar 1.795 Neuzulassungen mehr gehabt“, sagt der Stuttgarter Kreisvorsitzende Roger Schäufele, „aber das ist nur eine Momentaufnahme.“ Die Datenlage gibt damit nur eines sicher her: „Wenn die Politik uns ließe, könnten wir prima Autos verkaufen. Die Nachfrage ist da.“ Insgesamt kamen im ersten Quartal 10.765 Neuzulassungen zusammen, in coronafreien Zeiten 2019 hatten die Zahl deutlich höher gelegen: 15.431. Das gilt auch für Gebrauchtwagen: 3.256 Besitzumschreibungen meldet die Zulassungsstelle für März. Insgesamt sind im ersten Quartal 2021 damit 8.264 Halterwechsel zusammengekommen. Im Jahr 2019 waren es ohne Corona über 11.500 Besitzumschreibungen im ersten Quartal.
„Erbärmlich“ nennt Obermeister Torsten Treiber, „das Bild, das das Krisenmanagement auf Bundes- und Landesebene bietet. Denn durch den Inzidenzwert als alleinigen Maßstab werden ja aktuelle Hotspots wie Kindertagesstätten, Schulen oder ansteckungsträchtige unzulässige Familientreffen oder Partys in einen Topf geworfen mit fast ansteckungsfreien Bereichen wie unseren Betrieben, die so gegen die Wand gefahren werden.“ Die Innung freue sich deshalb auch, dass die Luca-App komme und setze sich dafür ein, dass alle Innungsbetriebe die Kontaktverfolgung über diese App ermöglichen, sagt Christian Reher: „Wir fordern das Ende des Lockdowns für unsere Betriebe und der flächendeckende Einsatz der Luca-App ist ein wichtiger Schritt dazu, weil sich damit belegen lässt, dass wir ansteckungsfrei sind. Das war ja zu Beginn der Pandemie mal der ursprüngliche Ansatz der Kontaktverfolgung: Gezielt die Bereiche zu schließen, von denen Ansteckungen ausgehen. Deswegen machen wir uns seit Monaten für den Einsatz der Luca-App stark. Inzwischen hat die Landesregierung dieses Anliegen aufgegriffen und die Lizenzen für die App beschafft. Damit öffnet sich ein schneller Weg der Kontaktverfolgung. QR-Code scannen. Fertig. Unsere Mitgliedsbetriebe sind der ideale Ort, die Anwendung vom Start weg zu testen, denn unsere Werkstätten sind ja auch während des Lockdowns als systemrelevante Betriebe offen. Sonst wäre alles ja noch viel schlimmer.“