Neuzulassungen in der Region Stuttgart stürzen im August um 40,3 Prozent ab
Kraftfahrzeuginnung: Die Lage wird langsam kritisch
„Die Kunden wollen Autos, aber die Autohäuser haben nur noch wenige. Da brechen jetzt massiv die Umsätze weg“, so fasst Obermeister Torsten Treiber von der Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart die Lage auf dem Automarkt in der Region im August zusammen: „Vor allem wegen der Chipkrise fehlt der Nachschub an Neuwagen, was an Gebrauchtwagen auf den Markt kommt, geht weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln“, sagt Innungsgeschäftsführer Christian Reher. Reiner Äckerle, der Pressesprecher der Kfz-Innung, fasst die Entwicklung so zusammen: „Die Pkw-Neuzulassungen sind bis Ende August um 40,3 Prozent abgestürzt. Die Besitzumschreibungen sind um 13,4 Prozent zurückgegangen. Zusammen sind das rund 8.000 Pkw weniger.“ Das hat Folgen für den Umsatz: „Grob gerechnet fehlen den Autohäusern in der Region gegenüber dem Vorjahr im August fast 185 Millionen Euro.“ Denn Rechnungen können die Autohäuser erst schreiben, wenn die Fahrzeuge ausgeliefert sind. Und „damit fehlt uns nicht nur Gewinn, sondern auch die Liquidität sinkt“, ergänzt er, „... und weniger flüssige Mittel auf den Konten ist nie gut.“
„Der August ist normalerweise kein Monat der hohen Umsätze, weil viele im Urlaub sind“, sagt Obermeister Torsten Treiber, „aber mit einem derartigen Zulassungseinbruch hat keiner gerechnet.“ Dabei spielen Anti-Auto-Demonstrationen auf der IAA in München mit Aufmarsch der Autogegner, Fahrraddemonstrationen, und Blockaden und andere Aktionen nach seiner Einschätzung keine Rolle: „Wer ein Auto braucht, kauft eines. Wer keines braucht, kauft keines. Das war noch nie anders.“
„Die Hauptursache für den Umsatzrückgang ist nach wie vor der Chipmangel, sprich das Fehlen elektronischer Bauteile“, sagt Christian Reher, der Geschäftsführer der Innung. Die Folge: „Wir können den Kunden die Autos gar nicht so schnell liefern, wie sie bestellt werden“, sagt Reiner Äckerle. Da liegt aber im Moment auch ein Extraproblem: „Wer ein Auto bestellt hat, der braucht es in der Regel schnell und will nicht Monate lang darauf warten.“
Das Ergebnis: In der Region Stuttgart brachen die Pkw-Neuzulassungen im August um 40,3 Prozent ein. In absoluten Zahlen: Neu zugelassen wurden im August 7.807 Pkw (Vorjahr 13.074). Davon sind 1.179 Elektro-Pkw (Vormonat 1.339), 1.586 Plugin-Hybride (Vormonat 2.106), 1.231 Vollhybride (Vormonat 1.702), 1.305 haben Diesel- und 2.506 Autos haben Benzinmotoren oder nutzen andere Treibstoffarten, wie Flüssiggas- und Erdgasmotoren.
Die Besitzumschreibungen gingen um 13,4 Prozent zurück. Damit wechselten 17.054 gebrauchte Pkw (statt 19.701 wie im August 2020) Besitzerin oder Besitzer: Von denen haben 4.304 Dieselmotoren unter der Haube, bleiben 12.750 anderweitig angetriebene Pkw. „Bei den Gebrauchtwagen spielt die Chipkrise natürlich keine Rolle“, sagt Christian Reher: „Hier fehlen vor allem die Leasingrückläufer aus den Firmen, die normalerweise nach 36 oder 48 Monaten Laufzeit auf den Gebrauchtwagenmarkt kommen und die sehr gesucht sind.“ Auch da wirkt sich der Neuwagen-Lieferengpass aus: „Diese Autos fehlen, weil die Leasingverträge verlängert werden müssen, wenn es keine Autos für die neuen Verträge gibt“, sagt Christian Reher.
Das ist auch eine Folge von Corona in der Vergangenheit. In der aktuellen Lage wird die Innung nicht müde zu betonen, dass alle mit einem sicheren Gefühl ins Autohaus gehen können: „Erstens, weil der Kfz-Handel kein Infektionstreiber ist. Große Flächen, Masken und Hygienekonzepte schützen“, zählt Torsten Treiber auf: „Jede Bestellung zählt, sobald sich die Chiplage wieder entspannt.“ Abgesehen davon: „In den Autohäusern werden die Kunden im Verkauf nur auf geimpftes Personal treffen.“
„Im Servicebereich natürlich auch“, ergänzt Christian Reher: „Kunden können ihr Gegenüber jederzeit danach fragen, um sicherzugehen.“ Das Werkstattgeschäft stabilisiere bei einem Bestand von allein rund 1,7 Millionen Pkw in der Region Stuttgart die Autohäuser „und ist deswegen nicht zu unterschätzen.“ Mehr als 1,6 Millionen dieser Pkw (inklusive Hybride) brauchten Treibstoff, nicht ganz 25.000 Fahrzeuge aktuell Strom aus der Steckdose beziehungsweise aus der Ladesäule. Die Innung findet unter Klimaschutzgesichtspunkten die unterschiedliche Behandlung nicht gut: „Für die Versorgungssicherheit der einen wird der Staat milliardenschwere Investitionen in Ladesäulen tätigen. Für die Versorgungssicherheit der anderen fehlen die deutschen Konzepte für E-Fuels noch. Ganz zu schweigen die von der EU. Von der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen wissen wir, dass Klimaschutz für Bestandsfahrzeuge nicht ihr Ding ist“, sagt Obermeister Torsten Treiber zur aktuellen Diskussion um den Klimaschutz per Auto und zitiert aus einem Kommentar von Markus Grabitz in den Stuttgarter Nachrichten vom 11. September: „Brüssel und Berlin tun alles, um zu verhindern, dass E-Fuels im Pkw-Bestand eine entscheidende Rolle zum Abbau der Emissionen spielen.“ „Das“, sagt Torsten Treiber, „macht keinen Sinn, wenn das Pariser Klimaschutzabkommen eingehalten werden soll. Da ist die Politik klar auf einem Auge blind, weswegen es an der erforderlichen Weitsicht hapert.“