E-Fuels statt Öko-Sprechblasen
Torsten Treiber, Obermeister der Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart
Wahlkampfzeit ist die Zeit der Sprechblasen. Insbesondere der Öko-Sprechblasen. Beispiel: Der Untergang ist nah. Da hilft nur ein Tempolimit. Tempo 130 auf Autobahnen. Das spart laut Berechnung des Umwelt-Bundesamts 1,9 Millionen Kohlendioxid-Tonnen (CO2) im Jahr. Große Zahl? Eher nicht: 0,9 Millionen Tonnen können wir locker allein im Kreis Ludwigsburg sparen. Nehmen wir den Rems-Murr-Kreis mit 0,5 Millionen Tonnen und den Kreis Esslingen mit 0,8 Millionen Tonnen dazu, rettet die halbe Region Stuttgart schon die ganze Republik vor dem Tempolimit, bei 2,2 Millionen Tonnen CO2-Ersparnis, die hier zusammenkommen, sogar noch mehr.
Alles was wir dafür brauchten, sind E-Fuels, also alternative, klimaneutral hergestellte Kraftstoffe, die Benzin und Diesel ersetzen. Denn die genannten Zahlen sind der von der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) berechnete Kohlendioxid-Ausstoß für den gesamten Straßenverkehr. Würden Pkw, leichte und schwere Nutzfahrzeuge und Motorräder diesen Sprit tanken, wären sie klimaneutral.
Woran es aktuell hapert, ist eine ausreichende Menge des Stoffs, aus dem der Klimaschutz ist. Das Prinzip funktioniert. Eine der ersten Pilotanlagen steht in Karlsruhe.
Vor ein paar Tagen hat Professor Dr. Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie uns dort vorgeführt, wie es geht. Der Professor hat eine klare Meinung zur Zögerlichkeit der Politik in diesem Punkt: „Ohne E-Fuels werden wir uns am Pariser Klimaschutzabkommen versündigen“. Der Beitrag von Professor Koch ist zu sehen unter: www.youtube.com/watch?v=KvztJ3xgeA8.
Die Begründung ist in zwei Zahlen zu packen: 4384 und 332 027. Die erste ist die Zahl der Elektro-Pkw im Kreis Ludwigsburg. Die Zweite ist die Zahl der treibstoffgetriebenen Pkw im Kreis, beides Ende Juli. E-Autos machen 1,3 Prozent des Bestandes aus. Die E-Autos helfen dem Klimaschutz also fast nichts. Eine schnelle Umstellung auf E-Fuels würde dagegen massiv Kohlendioxid sparen, um die Ziele des Klimaschutzabkommens zu erreichen.
Doch statt E-Fuels bekommen wir Öko-Sprechblasen: Für den Klimaschutz muss alles getan werden, schillert der Satz. Und platzt: Denn die EU-Kommission will gar nicht, was sie sagt. Obwohl sie nur 55 Prozent Senkung anstrebt, was mit E-Fuels locker zu schaffen wäre, sind E-Fuels in ihren Plänen nicht vorgesehen. Bei den Neuwagen nicht: Bislang können die Autohersteller, unabhängig von den tatsächlichen Emissionen ihrer Pkw, alle E-Autos in ihren Flotten mit 0 Gramm Kohlendioxid anrechnen. Dagegen sind klimaneutrale E-Fuels, anders als der Ladestrom für die Elektromobilität, nicht anrechenbar auf die Flottenziele.
Bei den Bestandsfahrzeugen erst recht nicht. Klimaschutz? Fehlanzeige. Fahrzeugflotten knacken? Der Hintergedanke ist nicht von der Hand zu weisen: „Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge mit hoher elektrischer Reichweite sind die geeignete und sozial akzeptierte Übergangstechnologie zur reinen E-Mobilität mit einem geringen finanziellen Risiko für die Verbraucher“, hieß es offiziell bei der Pressekonferenz der Kommission. Auch da ging es vor allem um Neufahrzeuge. Und das Auto vor der Tür? Niemand hat die Absicht, den Menschen ihre Autos wegzunehmen, heißt der Schwur. Gut, dann führt aber erst recht kein Weg an E-Fuels vorbei, um den Kohlendioxidausstoß des Verkehrs rasch zu senken.