3.000 Pkw-Neuzulassungen, aber kaum eine kam durch Online-Verkauf zustande
Kraftfahrzeuginnung: Lieferrückstände sorgen noch für etwas Geschäft in den Autohäusern
„Im Januar sind wir mit einem blauen Auge davongekommen, aber wenn sich jetzt nichts tut, tut’s wohl einen Schlag“, fasst Obermeister Torsten Treiber die Lage im Autohandel zusammen. In der Region wurden 9.171 Pkw neuzugelassen. Das ist ein Minus von 29,4 Prozent. In Stuttgart waren es 3.002 Pkw-Neuzulassungen, sprich ein Minus von 22,8 Prozent. „Dass es überhaupt noch Umsätze gab, ist vor allem den Auslieferungen von im Jahr 2020 bestellten Pkw zu verdanken“, fasst Innungsgeschäftsführer Christian Reher die Rückmeldungen aus den Autohäusern zur aktuellen Geschäftsentwicklung zusammen. „Die Regelungen des Landes in der Coronaverordnung unter denen wir noch Autoaufträge schreiben dürfen, machen das Geschäft schwer bis fast unmöglich“, sagt Roger Schäufele, Stuttgarter Kreisvorsitzender und Geschäftsführer des Autohauses Lutz dazu. „Wenn wir nicht das Werkstattgeschäft hätten, wär’s längst vorbei. Staatliche Hilfen kommen bei uns keine an.“
Seit 16. Dezember herrscht Lockdown für die Autohäuser. In der jüngsten Coronaverordnung hat die Landesregierung die Regelungen nochmal verschärft. Fahrradhändlern geht’s da wie Autohändler, Reparatur und Wartung ja, aber E-Bike und E-Auto verkaufen ist schwierig. Lena Mielke vom Wirtschaftsministerium beschreibt die Rechtslage: „Der reine Verkauf von Waren, welche nicht direkt mit handwerklichen Leistungen verbunden sind, ist untersagt. Waren dürfen nur dann verkauft werden, wenn die handwerkliche Leistung im Vordergrund steht und die Dienstleistung ohne den Warenverkauf nicht sinnvoll in Anspruch genommen werden kann – beispielsweise also der Ersatzteilverkauf in Fahrradwerkstätten im Zusammenhang mit einer Reparatur. Oder typische Verschleißteile eines Produkts, die der Kunde im Wege der Selbstmontage austauschen kann und wenn der Handwerks- bzw. Dienstleistungsbetrieb dieses üblicherweise auch verkauft.“ Also beispielsweise „Fahrradschläuche oder Winterräder“.
Ein Auto bekommt der Mensch im Autohaus zwar, aber nur online. Selbst wenn’s im Ausstellungsraum oder auf dem Freigelände steht. Oder telefonisch. „Der Kunde kapiert’s nicht und kauft kaum“, fasst Roger Schäufele die Lage im Autohaus zusammen: „Wir können froh sein, dass EDEKA und LIDL nicht wieder den Versuch machen Autos zu verkaufen.“ EDEKA bot 2001 einen Fiat Punto an, LIDL 2019 einen Fiat 500. Und da fiele das Auto neben der H-Milch unter den Begriff Mischsortiment.
Der Löwenanteil der in Stuttgart im Januar neuzugelassenen 3.002 Pkw ist deswegen schon vor dem Lockdown gekauft worden, hatte aber Lieferfristen. Enthalten sind in dieser Zahl 255 Elektroautos und 901 Hybrid-Pkw, von denen 494 Plugin-Hybride sind. Diesel sind 759 inbegriffen, bleiben noch 1.087 Benziner. „Vergleiche mit dem Vorjahres-Januar sparen wir uns, denn die haben bei der aktuellen Corona-Sondersituation keine Aussagekraft“, sagt Christian Reher.
Das gilt auch für die Besitzumschreibungen: 2.397 meldet die Zulassungsstelle. 1.037 waren Diesel. Der Gesamtrückgang liegt bei 35 Prozent. „Der Autohandel hat hier eine kleine Ausweichmöglichkeit in Form der eingespielten elektronischen Plattformen“, sagt Torsten Treiber. Stichwort Click & Collect, das von der Landesregierung erst verweigert, dann erlaubt worden ist: „Im Prinzip muss der Kauf online erfolgen“, sagt Christian Reher: „Das ist Click. Auto abholen ist dann Collect“, übersetzt er den Doppelbegriff, sprich „Anklicken und Abholen“.
„Aber das auch das Geschäft mit Tageszulassungen und hochwertigen Gebrauchtwagen braucht wie die Neuwagen doch wieder den Kundenkontakt, denn die Leute wollen sehen und fühlen, was sie kaufen, wenn sie ein paar tausend oder zehntausend Euro ausgeben“, sagt Torsten Treiber. Wobei hinzukommt, dass im Moment ein Autokauf für viele nicht das vordringlichste Problem ist: „Wir wollen alle geimpft werden.“
Bis dahin fordert er „die Gleichbehandlung mit der Online-Konkurrenz und den Discountern.“ Insbesondere für letztere gilt laut Coronaverordnung: „…im Lebensmitteleinzelhandel … höchstens eine Kundin oder einen Kunden je 10 Quadratmeter Verkaufsfläche, … bei Verkaufsflächen außerhalb des Lebensmitteleinzelhandels auf der 800 Quadratmeter übersteigenden Fläche … höchstens eine Kundin oder einen Kunden pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche.“ Das, sagt Torsten Treiber „überbieten wir locker. Per Terminvereinbarung können wir je nach Autohaus sogar 100 Quadratmeter pro Kunde garantieren.“ „Und wenn bei uns das Ansteckungsrisiko deutlich niedriger ist als bei ALDI und Kollegen, was spricht dann dagegen, im Land den Lockdown für unsere Betriebe ganz aufzuheben?“, ergänzt Christian Reher.