Über 830 Millionen Euro Umsatz fehlen seit Jahresanfang
Treiber: „Knapp 1.700 E-Autos retten weder das Klima noch Arbeitsplätze in Autohäusern“Kraftfahrzeuginnung: Lockdown schürt Existenzangst
Das Kraftfahrt-Bundesamt meldet für den Mai 380,2 Prozent Zuwachs bei den E-Autos bundesweit. Torsten Treiber, Obermeister der Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart ist enttäuscht: „Das sind nicht mal 27.000 neue Elektro-Pkw. Die paar E-Autos retten weder das Klima noch Arbeitsplätze in den Autohäusern.“ Erstens, „weil davon in der Region nur 1.648 neu zugelassen wurden“, sagt Innungsgeschäftsführer Christian Reher. Zweitens, „weil E-Autos generell weniger Bedarf an Wartung in der Werkstatt haben“, sagt Reiner Äckerle, der Pressesprecher der Kraftfahrzeuginnung. Drittens, weil Klimaschutz per E-Auto ganz andere Zahlen notwendig machen würde, da sind sich alle drei einig: „Dann würde es allerdings für die Werkstätten noch enger, aber es gibt natürlich nichts, was sich nicht durch entsprechende Personalplanung lösen ließe.“
9.807 neue Pkw wurden im Mai in der Region zugelassen. 1.648 Elektro-Pkw, 1.573 Plugin-Hybride, 1.190 Vollhybride, 2.165 Diesel und 3.231 Autos mit Benzinmotoren oder anderen Treibstoffarten: „Flüssiggas- und Erdgasmotoren haben immer noch ein paar Fans“, sagt Reiner Äckerle. Dazu kommen regional noch 17.889 gebrauchte Pkw: Diesel sind davon 4.556, bleiben 13.333 andere.
Das ist die monatliche Momentaufnahme. Wenn Obermeister Torsten Treiber die aktuelle Entwicklung beschreibt, greift er lieber zu den Gesamtzahlen. Am Beispiel Stuttgart sehen die so aus: „Wir haben in der Region Stuttgart bis jetzt in diesem Jahr etwas über 56.000 Neuzulassungen. Das sind rund 28.000 weniger als 2019 als es keinen Corona-Lockdown gab.“ In Umsatzverlust ausgedrückt: „Es fehlen allein im Handel über 832 Millionen Euro Umsatz, dass das manche Betriebe ins Wackeln kommen, wird keinen wundern.“ Und wackelig kann’s auch für die werden, die sich auf das Werkstattgeschäft beschränken: 70 bis 80 Prozent Auslastung ist der aktuelle Durchschnittswert,“ sagt Torsten Treiber
„Der Strukturwandel in der Werkstatt hat längst begonnen, was er bringt, erleben wir gerade“, sagt Christian Reher. „Um gezielt das Kraftfahrzeuggewerbe bei der Transformation der Automobilwirtschaft zu unterstützen, fördert das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus den Aufbau einer Zukunftswerkstatt 4.0“, sagte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut beim Start dieses Projektes in Esslingen: „In Baden-Württemberg sind rund 80.000 Menschen mit der Vermarktung und Instandhaltung von Fahrzeugen beschäftigt. … „Der Technologiewandel wirkt sich auf die gesamte automobilwirtschaftliche Wertschöpfungskette aus. … Sinkende Umsatzgrößen im Werkstattbereich durch die Elektromobilität, aber auch neue Wertschöpfungspotenziale durch das Connected Car sind Beispiele für den hohen Veränderungsdruck“, sagt die Ministerin. Autohäuser und Werkstätten seien häufig engen Grenzen hinsichtlich der Erprobung neuer Technologien und Diensten ausgesetzt. „Genau hier setzt die Zukunftswerkstatt 4.0 beim Institut für Automobilwirtschaft (ifa) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) an“, sagt die Ministerin.
12.000 der angesprochenen 80.000 Menschen im Land sind in den rund 700 Betrieben, davon 100 in Stuttgart, der Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart beschäftigt. „Für die hängt viel davon ab, wie der Juni und eventuell noch der Juli laufen“, sagt Torsten Treiber. „Eigentlich sind mit März, April und Mai die umsatzstärksten Monate schon vorbei, da müssen wir realistisch sein.“ Interne Umfragen bestätigten diese Skepsis: „Es rechnen lediglich 27 Prozent der befragten Autohäuser mit einer Belebung des gewerblichen Neuwagengeschäfts. Etwas mehr Impulse (35 Prozent) erwarten sie vom Privatkundengeschäft. Anders sieht es hingegen beim Gebrauchtwagenverkauf aus. Hier gehen 54 Prozent der befragten Autohäuser von einer Geschäftsbelebung aus.“
„Mit einer Belebung der Diskussion in Sachen klimaneutrale Treibstoffe“, rechnet Christian Reher: „Die Abstimmung mit Zündschlüssel und Starterknopf läuft ja längst: 23.227-mal wurde in Stuttgart das Elektroauto gewählt, rund 1,65-millionenmal besitzen die Menschen ein Auto, das Treibstoff braucht – da schafft es das E-Auto mit 1,4 Prozent nicht mal über die 5-Prozent-Hürde. Und das ist schon der Rekordanteil in der Region Stuttgart.“